Mit 15 Jahren zog ich von Niedernhausen im Taunus nach Schiefling am Wörthersee ganz im Süden Österreichs unweit der slovenischen und italienischen Grenze. Alles war aufregend, vieles auch zu viel für mich. Mitten in der Pubertät sind solch gravierende Einschnitte im Leben schwer zu verkraften und so hatte ich trotz aller Freude über einen Neustart in einer landschaftlich herausragend schönen Gegend einige Zeit daran zu knabbern, bis ich mich schließlich in meiner neuen Heimat wohlfühlte.

Aus dem damals drogenverseuchten Niedernhausen und Idstein (leider überlebten nicht alle aus unserer Klasse dieses Umfeld) ging es in die heile kleine Welt am Wörthersee, wo ich mir schwertat, die Leute zu verstehen, wenn sie kärntnerisch sprachen, und das taten sie immer. Selbst wenn sie sich in Anbetracht meines stets fragenden Gesichtsausdrucks für ein oder zwei Sätze bemühten, ihr bestes Hochdeutsch zu praktizieren, kam im Redeschwall das Kärntnerisch so stark durch, dass ich meist nur Bahnhof verstand. Doch in diesem Alter ist man erstaunlich anpassungsfähig und so begann meine Wandlung als neuer Mitbürger mit Migrationshintergrund. Damals hat mich natürlich niemand so bezeichnet – ich war einfach der „Piefke“ oder der „Deitsche“.

Anlässlich eines Klassentreffens der besten Schule der Welt begab ich mich kürzlich auf eine Reise nach Kärnten, meiner alten Heimat:

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Ich suchte bewusst Orte meiner Vergangenheit auf, die mir etwas bedeuteten, besuchte alte Freunde, stellte wieder mal fest, dass wahre Freundschaft zeit- und distanzlos ist, und machte meine persönliche Reise vorwärts in die Vergangenheit. Sie beginnt mit dem Ausblick aus dem Wohn- und Esszimmer meines Freundes T. auf den Wörthersee mit dem Pyramidenkogel im Hintergrund. Wer möchte nicht morgens bei einem solchen Ausblick frühstücken?

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Hotel Schloss Velden: Kulisse zahlreicher Filme u.a. die Kultserie „Das Schloss am Wörthersee“ mit Roy Black. Oft konnte man in der Schloßbar Udo Jürgens antreffen, sein Rolls Royce vor der Tür geparkt. Gunther Sachs besaß damals das Schloss und feierte mit dem Jetset hier am Wörthersee eine Party nach der anderen. Unzählige Promis gaben sich die Klinke in die Hand. Die Queen hat hier genächtigt, auch J.R. Ewing und Sue Ellen aus Dallas kamen und sorgten für Menschentrauben – lang, lang ist es her, als Klein-Uwe sich in der ein oder anderen Traube befand und mit den Massen mitstaunte.

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Spielcasino Velden: Nicht nur einmal habe ich hier als Student am Anfang des Monats mein ganzes Monatsbudget verzockt und musste dann jobben gehen, damit ich etwas zum Essen hatte. Irgendwann habe ich es dann endlich verstanden: Glücksspiel ist nichts für mich,  doch bis dahin musste ich durch das eine oder andere Tal der Tränen gehen. Manche Dinge brauchen Zeit, bis auch ich sie verinnerlicht habe. Das Casino Velden ist für mich nach wie vor eines der schönsten Spielcasinos überhaupt, auch wenn Kitzbühel und Monte Carlo ebenfalls einen besonderen Reiz haben!

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Meinem Freund R. ging es meist nicht besser. Nach dem Spiel haben wir immer in der Pizzeria Marietta (sie sah damals ganz anders aus) bei einer Pizza Prosciutto unseren Kummer über das verlorene Geld in einem großen Krug Merlot oder Valpolicella ertränkt. Manchmal wurden es auch zwei oder drei. Hatten wir zur Abwechslung mal gewonnen, waren Prosciutto und „Valpe“ auch obligatorisch. Bis heute bin ich ein Liebhaber italienischer Rotweine.

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Im rechten Haus des nächsten Bildes hatte ich meine zweite Studentenbude – oberer Balkon, rechte Seite. Ich teilte mir den Balkon mit einer hübschen Blondine. Dies stellte ich aber erst kurz nach meinem Einzug fest, als mein Freund R. mir morgens im Treppenhaus begegnete, wir uns beide verwirrt anstarrten und fragten, was der jeweils andere hier zu suchen habe – er war in diesem Fall schneller gewesen. Wir waren dann ein paar Wochen Nachbarn – in dieser Zeit dauerten die meisten Dinge immer nur ein paar Wochen, wenn überhaupt, und das war gut so.

Im Haus links, einem Bauernhof, der auch Zimmer an Touristen vermietete, holte ich mir jeden Abend mit einer Milchkanne frische Milch. Sie war noch kuhwarm und schmeckte köstlich. Ließ man sie ein, zwei Stunden stehen, setzte sich oben herrlicher Rahm (Sahne) ab. Ich vermisse das Landleben!

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Uferpromenade Velden: Hier bin ich alle paar Tage mit meinem Freund H. spazieren gegangen. Meist saßen wir ewig auf einer der Bänke und haben gedanklich die Welt verbessert und das ganz ohne geisterhellende Substanzen. H., ich vermisse unsere Gespräche und unsere damalige Sichtweise auf viele Dinge!

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Ein privater Badesteg am Wörthersee – so etwas können sich nur Reiche und Superreiche leisten. Uns war das egal, wir sind über den Zaun geklettert und haben dort illegal gebadet, wenn uns danach war. Einmal machte ich in Begleitung einer hübschen Studentin, meines Freundes T. und seiner Freundin nachts im Übermut einen Köpfer in den See. Wir waren natürlich alle nackt und genossen das sehr – Gott, war ich wieder mal verliebt, wie fast immer! Weniger genoss ich, dass ich dabei eine Kontaktlinse verlor. Für mich als mittelloser Student war das ein herber Verlust! Meine Augen ließ ich erst Jahre später lasern. War es dieser Steg oder ein anderer, den wir nächtens angeheitert und voller Übermut in Beschlag genommen hatten? Ich weiß es nicht mehr, ist auch egal. Was bleibt sind die wunderbaren Erinnerungen:

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So könnte ich mir sehr gut mein nächstes Haus vorstellen:

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Leider wird es wohl ein Traum bleiben.

Meine ehemalige Schule, die einmal die Siechenanstalt war, habe ich vor kurzem schon in diesem Blogbeitrag vorgestellt:

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Auf dem letzten Bild könnt ihr horizontal ziemlich genau in der Mitte, vertikal etwas unter ihr mein damaliges Elternhaus sehen, zumindest wenn ihr Adleraugen habt und genau hinschaut. Von meinem Balkon hatte ich einen spektakulären Blick auf die Gebirgskette der Karawanken. Doch hat mich mit 17 1/2 Jahren mehr der Blick auf meine 650er Kawasaki interessiert, die wartend unter dem Balkon stand, bis ich endlich 18 wurde und fahren durfte. Wieviele Stunden ich „die Maschine“ täglich sehnsüchtig angestarrt und den ein oder anderen Ausritt auf ihr ohne Zulassung auf wenig befahrenen Seitenstraßen gewagt habe, kann ich nicht mehr sagen. Doch die Zeit bis zur Volljährigkeit war die reinste Hölle. Warten war noch nie meine Stärke!

Bezahlt hatte ich die Kawa mit Geld, das ich am Golfplatz verdiente. Ich suchte im Wald und Tümpeln rund um die Fairways nach Golfbällen, die die Golfer verloren hatten, um sie ihnen dann netterweise wieder zurück zu verkaufen. Eigentlich dreist, doch hat es sich immer gelohnt! Skistar Franz Klammer, der so oft das legendäre Kitzbüheler Hahnenkammrennen gewann, wie niemand vor und nach ihm, war ein guter Kunde von mir. Neben dem obligatorischen Diskobesuch am Abend (wir kannten alle Türsteher, unser Minderjährigenstatus hat somit niemanden interessiert …) konnte ich mir von meinem Golfballgeld auch meinen Traum des ersten Motorrads erfüllen.

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