Vor fast einem Jahr las ich die Nachricht in der Rundschau: Die Zeilgalerie in Frankfurt soll geschlossen und abgerissen werden. Ein verwirrter Blick in den Kalender brachte dann die bittere Gewissheit, dass dies kein Aprilscherz war. Die Zeilgalerie, die von meinem persönlichen Empfinden her keineswegs alt ist, wird plattgemacht? War es nicht erst gestern, dass die geschönten Quadratmeterzahlen der Verkaufsfläche den Baulöwen Schneider zum Stolpern brachten und die Peanuts-Affaire auslösten?

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Nachdem ich mir nun endlich eine Digicam besorgt habe – war echt lange überfällig – bin ich am Karsamstag losgetigert, um die Zeilgalerie zum letzten Mal aufzusuchen. In ein paar Tagen macht sie endgültig dicht. Dieses architektonisch interessante Einkaufszentrum wurde von den Kunden nie so richtig angenommen. Für mich lag es hauptsächlich daran, dass es dort wenig attraktive Geschäfte gab. Und trotzdem gehöre ich wohl zu den Wenigen, die diesem Bau etwas abgewinnen konnten. Dieses Einkaufszentrum war so ganz anders.

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Ja, ich gebe es zu: Ich fand es schön, mit dem Aufzug in den obersten Stock zu fahren und dann langsam die Serpentinen hinunterzuschlendern. Das habe ich öfter gemacht, um mich zu zerstreuen, einen klaren Kopf zu bekommen. Gedränge gab es hier selten, und das auf der sonst so belebten umsatzstärksten Einkaufsstraße Deutschlands, Zeil, so konnte man seinen Gedanken freien Lauf lassen, während die teils wundersamen Auslagen der Geschäfte an einem vorbeizogen. Gekauft habe ich hier selten etwas. Mal Konzerttickets, mal eine Jeans, das war’s. Wie gesagt, die Geschäfte fand ich wenig attraktiv.

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Mit der Terrasse des Restaurants ganz oben verbinde ich schöne Erinnerungen an Augenblicke, in denen die Welt perfekt erschien. Inzwischen ist nichts mehr übrig vom einstigen Ambiente. Leergeräumt, verlassen, verweist. Jetzt sieht der Eingang des Restaurants so aus:

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Ich bin froh, mir die Zeit genommen, sie noch einmal gesehen und meine letzten Eindrücke bildlich festgehalten zu haben. Und doch war es ein bedrückendes Gefühl. Die Zeilgalerie war nicht mehr die Alte. Nur noch ein Geschäft im dritten Stock hatte offen, dazu noch ein Nagelstudio und die Shisha-Bar ganz oben. Ansonsten fast menschenleere Gänge, verlassene Geschäfte, ein Fahrstuhl, der nicht mehr fährt. Das war’s! Schade! Abschied! Loslassen!

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Bei meinem letzten Besuch in Schneiders Palast und auch jetzt beim Schreiben mache ich mir Gedanken darüber, warum Abschiednehmen so schwerfällt. Ich verbinde die Zeilgalerie hauptsächlich mit einer Person und der mit ihr dort verbrachten Zeit. Und Abschiednehmen von einem geliebten Menschen tut immer schrecklich weh, egal wie die Begleitumstände sind. Sie ist ein ganz besonderer Mensch, sehr eigen, sehr individuell, stark und doch so verletzlich zugleich. Sie wird immer in meinem Herzen bleiben und ist doch so fern.

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Die Zeilgalerie ist bald nicht mehr. Damit rückt auch sie in weite Ferne, wird unerreichbar. Doch eins kann uns niemand nehmen: unsere Erinnerungen an sie. Ich muss lernen, loszulassen, nicht nur die Zeilgalerie.

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Auch andere nehmen an diesem Tag Abschied. Werden sie auch in Gedanken loslassen können? Was verbindet sie mit diesem einmaligen so ungeliebten Gebäude? Gerne können auch Sie als Kommentar anführen, was Sie persönlich mit der Zeilgalerie verbindet. Haben Sie sie gehasst oder geliebt? Verbinden Sie mit ihr schöne oder traurige Momente?

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