Seitdem ich angefangen habe, mich in der Autorenszene zu bewegen, war es für mich sichtbar: Neid, Missgunst, Konkurrenzdenken. Nicht bei allen, doch bei so vielen Autorenkollegen, dass es ein Störgefühl in mir auslöste.
Sind andere Autoren tatsächlich Konkurrenten? Nunja, hier gibt es von mir eine klare Antwort: JEIN.
JA, deshalb, weil es sicherlich im Leben eines jeden Lesers häufig Situationen gibt, in denen wir uns entscheiden müssen, welches Buch kaufe und lese ich nun. Wir alle haben begrenzte Zeit, was bei tieferem Nachdenken gut so ist, auch wenn ich das in manchen Situationen anders sehe …
Wir stehen also gerade in unserer Lieblingsbuchhandlung und können uns nicht entscheiden, sollen wir „Ich finde dich“ von Harlan Coben nehmen oder „Der Augenjäger“ von Sebastian Fitzek. Anders als ich – ich habe beide genommen – handeln viele Leser rationeller, sind sich ihrer beschränkten Lesezeit bewusst und entscheiden sich schließlich für eins der beiden. Bums – schon haben wir eine Konkurrenzsituation, in der einer der beiden Autoren den Kürzeren gezogen hat …
… und doch …
behaupte ich mal, dass das NEIN überwiegt. Wir sind keine Konkurrenten, denn wir fördern und befruchten uns gegenseitig. Jedes gute Buch am Markt ist Werbung für Bücher im Allgemeinen. Habe ich einen tollen Thriller gelesen – sorry, ich bleibe einfach beispielhaft, zufällig und völlig ungewollt bei meinem Lieblingsgenre – so kann ich es gar nicht abwarten, das nächste tolle Buch zu lesen. Das Lesen guter Bücher (ja, ja, das ist sehr individuell, was darunter zu verstehen ist …) schafft Nachfrage nach weiteren guten Büchern. Selbst Autorenfabriken wie James Patterson, der (mit Hilfe seiner Helferlein) Bücher am laufenden Band produziert, schafft es nicht allein den Bedarf einer gewöhnlichen Leseratte zu stillen, was in der Natur der Dinge liegt, denn ein Buch zu schreiben benötigt ungleich mehr Zeit, als es später zu lesen. Meine Meinung zum Thema Konkurrenz unter uns Autoren ist: Je mehr gute, interessante, spannende, unterhaltsame Bücher am Markt sind, desto besser ist das für uns alle. Es fördert die Lesekultur und bringt hoffentlich insbesondere junge Menschen wieder zum Buch.
Wenn wir also nicht wirklich Konkurrenten sind, warum leiden dann Massen von Autoren, insbesondere die Selfpublisher, die viel Erfolg haben, unter Neid- und Hassrezensionen, die weit überwiegend aus der Feder von „Autorenkollegen“ stammen?
Charakter ist keine Glücksache – daran muss jeder von uns arbeiten, ständig und überall. Neid wird heutzutage im allgemeinen Sprachgebrauch meist als destruktiver Neid gebraucht. Für mich hat Neid auch immer einen negativen Beigeschmack, vielleicht wegen der allgemeinen Verwendung als destruktiver Neid, aber selbst der konstruktive Neid hat für mich einen negativen Touch. Wenn ich mir etwas wünsche, z.B. einen Bestseller zu haben, dann wünsche ich mir das aus mir selbst heraus, und nicht weil Béla Bolten und Nika Lubitsch welche geschrieben haben, was ich den beiden von tiefstem Herzen gönne.
Egal wie man nun das mit dem Neid sieht, Missgunst hat sicher nie etwas in einem Charakter zu suchen, doch warum tritt sie unter uns Menschen so häufig auf? Keine Ahnung, vielleicht ist es einfach die totale Frustration, Depression, die eigene Unfähigkeit, an sich selbst zu arbeiten, der mangelnde Wille sich verbessern zu wollen oder gar das Unvermögen sich für andere freuen zu können? Ich weiß es beim besten Willen nicht und finde Verrisse unter Autorenkollegen einfach nur erbärmlich. Zum Glück hat mein Thriller noch keinen Verriss bekommen. Ich halte auch Neid nicht für die höchste Form der Anerkennung, wie Schopenhauer es mal formulierte. Da bin ich eher bei Wilhelm Busch, der es für die aufrichtigste Form der Anerkennung hielt. Denn Hass ist meist aufrichtiger als Liebe, auch wenn das sehr schade ist. Wie dem auch sei: Neid und Missgunst unter Autoren ist einfach nur erbärmlich und ich hoffe, dass irgendwann alle begreifen, dass wir in einem Boot sitzen, also lasst uns die Leser gut unterhalten, dann wird das schon und zwar ganz ohne Neid und Missgunst.
Ach ja, damit ihr nicht denkt, das Beispiel oben aus der Buchhandlung sei einfach nur erfunden – nein – ich habe wirklich beide genommen. Hier der Beweis:
Die Bücher im Hintergrund ignoriert ihr besser, sie würden euch nur süchtig machen. 😉
Hat dies auf Schriftverkehr rebloggt und kommentierte:
Neid ist doch sowieso nur ein verfälschtes Anagramm zu Dein.
Oder sein, oder ihr? #DerenProblem
Das Phänomen der Neidrezensionen ist in der Tat interessant, Uwe. Ich bin mir allerdings inzwischen nicht mehr so sicher, ob es wirklich so oft vorkommt, wie es uns die vielen Autorenforen oder -gruppen, in denen das Thema vorkommt, glauben machen wollen. Denn wer da nicht schon alles geschrieben hat, dass er/sie von der bösen Konkurrenz niedergemacht worden sei – denn wer soll das denn sonst gewesen sein, dem das Buch angeblich nicht gefallen hat? Das kann doch gar nicht angehen, man hat doch ein Meisterwerk verfasst?! Guckt man sich den Stein des Anstoßes dann einmal an, handelt es sich oft um eine gut formulierte, sachliche Rezension. Setzt man dann die Leseprobe daneben, fällt die dagegen manchmal meilenweit ab und mir drängt sich dann der Gedanke auf, dass der vermeintliche „Hassrezensent“ einfach ein Leser war, der nicht begeistert war.
Ich gehe davon aus, dass es diese Neidrezensionen gibt, und auch von Autoren. Aber ganz bestimmt nicht so oft, wie es beklagt wird. Deutlich häufiger dürfte es vorkommen, dass unsägliche Machwerke von Freunden und Bekannten über den grünen Klee gelobt und gehudelt werden. Und das ist auch nix.
Ich habe leider viele, viele solcher Rezensionen auf der Webpage eines Distributors lesen müssen. Auch das anschließende sich gegenseitig Fertigmachen im angeschlossenen Forum war alles andere als zivilisiert. Ich fand das damals so traurig, dass ich schon seit einiger Zeit mit diesem Bolgbeitrag schwanger ging. Leider kam ich erst jetzt, wo ich gerade mal wieder mit einer Sommererkältung flachliege, dazu ihn auszuformulieren. Aber du hast schon Recht, zum Glück gibt es diese MIssgunst nicht so oft auf öffentlichen Rezensionsportalen. Und von solchen Fällen, wie du sie beschreibst, gibt es leider auch zahllose. Life is not easy …
So und nun gönne ich mir eine heiße Milch mit Rum – das soll ja helfen – zumindest gegen Erkältung, nicht gegen Neid und Missgunst. 😉 🙂 🙂
Gute Besserung! Vielleicht rührst du noch eiin bisschen Kaba in die Milch mit ordentlich viel Rum – das schmeckt bestimmt besser und macht mich neidisch 🙂
Aber ich kann dich beruhigen: Auf einen bösartigen, neidischen Kollegen kommen hunderte wunderbare Kumpel, mit denen man sich täglich austauschen kann. Ich habe viele tolle Kollegen in den letzten drei Jahren getroffen, das darf man einfach nicht vergessen.
Ja, das ist so, Nika. Auch ich habe wunderbare Autorenkollegen kennen lernen dürfen, die ich nicht mehr missen mag. Das Leben ist nicht perfekt – aber wollten wir das überhaupt? Viele Dinge braucht man nicht wirklich, doch allzu perfekt sollte unsere Welt auch wieder nicht sein, denn dann wäre sie wohl auch zugleich langweiliger und um Himmels Willen, worüber sollten wir denn dann bloggen? 😉 🙂 🙂
Klar gibt es das, und nicht nur unter Selfpublishern, und ich teile deine Meinung, dass es erbärmlich ist, Kollegen runterzumachen in der Hoffnung damit Konkurrenz auszuschalten. Kann so ja auch nicht funktionieren, denn die Leserinnen kaufen dann zwar vielleicht nicht genau dieses Buch, aber sicher das einer anderen Konkurrentin, eines anderen Konkurrenten.
Letztlich ist Missgunst doch ein Charakterfehler, der den Betroffenen selbst das Leben vermiest. Sie sehen ein glückliches Paar oder ein erfolgreiches Buch und denken: „Eine Gemeinheit, dass die haben, was ich will“ anstatt: „Wie schön, dass es möglich ist! Das bedeutet, es steht auch mir offen.“
Sicher, Mitleid ist ein bisschen viel verlangt, wenn man selbst unter der Missgunst anderer zu leiden hat. Aber verdient hätten es die armen Teufel 😉
Dass man gelegentlich Neidgefühle hat, kann ich so verwerflich nicht finden. Man muss ja deshalb keinen Verriss schreiben. Aber gelegentlich habe ich schon den Eindruck, dass es nicht immer die besseren Bücher sind, die den größeren Erfolg haben. Dann darf sich auch mal kritisch äußern.
Kritisch äußern darf man sich immer (zumindest wenn man nicht gerade in totalitären Staaten lebt und dann gar Stockhiebe oder Schlimmeres dafür erntet). Kritik ist wichtig und bringt uns ungemein weiter, wenn wir darüber nachdenken und vielleicht sogar daraus lernen können.