Heute wurde ich über eine Facebook-Freundin auf einen Artikel im Der Tagesspiegel vom 20.6.2015 aufmerksam, Konkret geht es um diesen Artikel von Fabian Federl: http://www.tagesspiegel.de/berlin/veganer-und-drogen-hoert-erst-mal-auf-zu-koksen/11943180.html
Die Aussage des Artikels, so wie ich ihn verstehe, greift meiner Meinung nach viel zu kurz. Kritisiert werden junge Berliner Clubgänger, die scheinbar vorbildlich auf Fleisch verzichten, Massentierhaltung und den Kapitalismus verabscheuen und immer brav in den Bioladen gehen, ABER es nicht sehen, was für schreckliche Verfehlungen sie durch den Konsum von Kokain begehen.
Ihnen wird mit dem Konsum eines jeden Gramms Kokain vorgeworfen, vier Quadratmeter Regenwald zu zerstören und das Blut von Ermordeten in ihrer Nase zu haben, denn durch den weltweiten Drogenhandel sterben zigtausende im Drogenkrieg der Kartelle und hunderttausende sind deswegen auf der Flucht. Ist dem wirklich so? Sind Berliner Szenegänger durch ihren Kokainkonsum tatsächlich dafür verantwortlich? Ist es wirklich so, dass es Bio-Koks, Fair-Trade-Koks und Pazifisten-Koks nicht geben kann, so wie es in dem Artikel dargestellt wird?
Sorry, aber ich sehe das völlig anders. Es gibt Dinge auf der Welt, die man durch die strengsten Gesetze und besten Kontrollen nicht in den Griff bekommt. Ein allzu trauriges Beispiel aus der Geschichte liefert die Zeit der Prohibition. Das einzige, was dadurch erreicht wurde, war, dass Mord und Totschlag sich dramatisch erhöhten, damit einhergehend das Leid von tausenden und abertausenden von Menschen. Hat diese Gesellschaft irgendetwas daraus gelernt? Nunja, für den Bereich des Alkohols scheinbar ein wenig …
Gäbe es illegale Drogenkartelle, Zerstörung der Umwelt durch illegalen Koksanbau (der Artikel verweist auf Entlaubungsmaßnahmen im Regenwald, um illegale Koksproduktion erkennen zu können), Bandenkriege, tote Drogenschmuggler, denen die Kunststoffsäckchen in ihrem Körper reißen, die sie schmuggeln, Beschaffungsprostitution, etc., etc. wenn man nicht verbieten würde, was man ganz offensichtlich nicht verbieten kann? Ich bin der Meinung, dass wir hier genau denselben Fall haben, wie damals zu Zeiten der Prohibition. Die Politik versucht hier etwas zu verbieten und Menschen in die Illegalität zu treiben, was man besser kontrollieren und steuern könnte, wenn es nicht verboten wäre. Durch Aufklärung behaupte ich mal, dass der Kokskonsum nicht ansteigen würde, wenn man ihn weltweit legalisieren würde. Der organisierten Kriminalität wäre auf jeden Fall ein Großteil ihres Beschäftigungsfeldes entzogen. Koks wäre eine Ware wie Alkohol – es würde sich nicht lohnen zu schmuggeln oder gar Menschen dafür zu töten. Jeder Tote in diesem Zusammenhang ist ein Toter zu viel und m.E. nach ein trauriges Symbol der verlogenen Politik. Ich möchte nicht die provokante Frage stellen, wie viele der Politiker in diesem Lande und weltweit in einer schrecklich verlogenen Art und Weise koksen und nicht einmal ein schlechtes Gewissen dabei haben. Nein, ich mache es nicht … Hoch lebe die Bigotterie …
In einem Land wie unserem, das so furchtbar toll entwickelt und weltweit führend ist, wird sogar um Cannabis solange herumgeeiert, obwohl doch unsere Nachbarn zeigen, wie es deutlich besser funktioniert. Sind deshalb alle Niederländer ständig bekifft? Mitnichten! Woher ich die Hoffnung nehme, dass sich irgendwann mal etwas ändern könnte? Keine Ahnung, wenn man es noch nicht einmal bei Joints schafft, die Vernunft walten zu lassen.
Haben alle Verbote irgendetwas genutzt oder werden nur täglich Millionen Steuergelder für sinnlose Kontrollen und Strafverfolgungen verschwendet, die man deutlich besser in anderen Bereichen investieren könnte? Ein pöser pöser Cannabis-Schmuggler, der ein paar Gramm zu viel hat, wird in diesem Lande schwerer bestraft als ein Pädophiler, der das Leben eines Kindes auf Dauer zerstört. In was für einer Welt leben wir hier nur? Haben wir tatsächlich die Politiker, die wir verdienen oder gibt es einfach niemanden, der den Mumm aufbringt, die wahren Probleme der Gesellschaft anzupacken?
Schade, der zitierte Artikel greift m.E. leider viel zu kurz. Nein, verantwortlich sind nicht die so hippen Clubgänger in Berlin oder anderen Ortens – nein, das Übel dieser Welt sind die bigotten Politiker, die endlich mal ihren Job machen sollten!
Ich weiß, dass ich mit diesem Beitrag polarisieren werde, doch manchmal muss man seine Meinung zu Papier bringen. Ja, ich gebe es zu, ich schreibe diese Zeilen hier bei einem Wodka-Energy, aber nicht bei einer Linie Koks – ich schwöre! 😉
Uwe, ich gebe Dir recht, Verbote erreichen oft das Gegenteil. Es ist reizvoll, Verbotenes zu tun, damit erhebt man sich scheinbar über die Masse der brav Angepassten. ABER: Auch ich finde dieses Verhalten schizophren. Wie kann man einerseits bewusst gesund leben und keinem Tier ein Leid zufügen wollen und andererseits akzeptieren, dass an den Drogen menschliches Blut „klebt“ und bewusst seine eigene Gesundheit aufs Spiel setzen? Da stimmt doch was mit dem Bewusstsein, der Wahrnehmung der Welt und der eigenen Wertschätzung nicht! Kleines Beispiel, Leute die ich persönlich kenne: jeden Tag Yoga, Einkauf nur im Bioladen, aber beide starke Raucher. Mit etwas gutem Willen kann ich das noch als „Kompensationsgeschäft“ mit dem eigenen Schweinehund ansehen. Mehr nicht. Ehrlich geht anders.
Stimmt schon, Lise Lotte, aber wir alle haben unseren kleinen persönlichen Teufel in uns und das ist auch gut so, solange wir ihm nicht zu viel Entfaltungsmöglichkeit geben.
Das Leben wäre furchtbar langweilig, wenn wir alle uns ohne Ausnahme immer und überall politisch korrekt verhalten würden … Manchmal bin ich ganz gerne auch mal unvernünftig – aber wie gesagt, es war wirklich nur ein Wodka-Energy ;-), aber ich bin ja auch kein Veganer – schelmisch grins. In diesem Fall ist mein innerer Schweinehund leider (noch?) zu groß. Ich versuche zumindest schon mal den Fleischkonsum zu reduzieren …
Mit ging es mit meinem Beitrag eher darum, wer denn den größeren Anteil an dem Leid und Elend trägt, das mit den Drogen einhergeht. Doch das ist sicher Ansichtssache. Für mich allemal ein Thema, das für eine gepflegte Diskussion interessant ist.
Uwe, meiner Meinung nach verfehlst du mit deiner obigen Gegenargumentation den Sinn des Artikels.
Ich möchte mit einem Zitat beginnen: “ „ekelhafte Wurstfresser“ […]. Wie können die nur? Da werden Lebewesen in Lagern konzentriert und industriell vernichtet! Das ist doch wie damals bei den …“. Die zitierte Person ist also überzeugter Veggie und es geht ihr um das töten der Tiere. In dem Artikel wird dargestellt wie absurd und kontrovers es ist, dass solch eine Person Kokain schnupft. Kokain dient hier als Symbol für den gesamten Drogenkrieg , bei welchem, unumstritten, tausende Menschen sterben, flüchten, misshandelt, abgezockt und ausgebeutet werden. Summa Summarum wird kein Fleisch gegessen, da dabei Tiere gen-manipuliert , misshandelt,eingesperrt und getötet werden und gleichzeitig Kokain geschnupft, welches das gleiche Leid zufügt.
Du sagst, „Berliner Szenegänger“ sind durch den Konsum nicht verantwortlich- das lasse ich nicht gelten. Daraus würde folgen, dass kein Fleischesser für den Tod der Tiere verantwortlich ist. Passiv aber auf jeden Fall! Man tötet das Tier nicht, isst aber das Fleisch, welches es nur durch das Töten der Tiere gibt. Man tötet keinen Menschen, nimmt aber Koks, bei dessen Weg, bis es auf deinem Iphone liegt, garantiert Menschen sterben.
Du sagst, die Politik ist schuld. Legalisierung würde das verhindern. Daran sieht man, dass dir bewusst ist, dass durch Koks-handel schlimme Dinge passieren. Vielleicht hast du sogar Recht und es könnte funktionieren, indem man Koks – du sagst weltweit- legalisiert. Leider nichts anderes als Utopisch.
Dein Beispiel ist die Prohibition. Du sagst „Durch Aufklärung behaupte ich mal, dass der Kokskonsum nicht ansteigen würde, wenn man ihn weltweit legalisieren würde.“ leider nur eine Behauptung, kein Beweis, keine Fakten. Dein nächster Satz: „Der organisierten Kriminalität wäre auf jeden Fall ein Großteil ihres Beschäftigungsfeldes entzogen.“ denkst du denn, die großen Kartelle würden eine Legalisierung einfach so zulassen? Heute schon ist alles in Gebiete eingeteilt und bei dealen im fremden Revier riskiert man Wort-wörtlich seinen Kopf. Das wäre nach der Legalisierung noch schlimmer- wieder Tote wegen Koks.
Aber nun wieder weg von der politischen Ebene und zurück zu der Kontroverse auf Fleisch zu verzichten, weil dabei Tiere sterben, aber nicht auf Koks, obwohl hierfür Menschen ihr Leben lassen. Ist doch kontrovers, Uwe? Die Recherche von Herrn Federl über den Drogenhandel und dessen unschönen Hintergründe ist übrigens korrekt und wenn man tiefer geht, wird es nicht schöner.
Bin auf deine Antwort gespannt 😉
Nun, bei deiner Argumentation dürften Veganer auch kein Auto mehr fahren(Krebs durch Luftverschmutzung), kein Handy besitzen(Ausbeutung seltene Erden), nichts mehr kaufenwas aus Kunststoff hergestellt ist(Umweltzerstörung), oder Steuern zahlen, weil damit auch Militär und Kriege finanziert werden. usw………..
Im Übrigen sind Drogen nicht verboten, um uns Bürger zu schützen, sondern weil an den astronomischen Gewinnen auch Staaten und Politiker verdienen. Eine Legalisierung würde den Sumpf trocken legen!
Veganer sind von Natur aus keine besseren Menschen, aber es ist ein Anfang. Es gibt auch Radfahrer die Fleisch essen… 😉
Irgendwann werde auch ich es lernen, Antworten auf Kommentare an der richtigen Stelle zu platzieren. Meine Antwort findest du weiter unten als normalen Kommentar auf meinen eigenen Beitrag. 😉
Herzlichst Uwe Alexi
Lieber Fabian,
vielen Dank für deinen Kommentar. Ja, ich bin bei einigen Dingen anderer Meinung als du. Für mich hinkt der Vergleich, den Herr Federl zieht. Wenn ich mich in einem Bereich „politisch korrekt“ verhalte, heißt das noch lange nicht, dass ich als Mensch das in sämtlichen Bereichen tun muss. Der Zusammenhang zwischen einem Veganer, der Tierschützer ist, und seiner Vorliebe andere Produkte (hier Koks) zu konsumieren, die vielleicht nicht so politisch sauber sind, erschließt sich mir nicht. Wir sind alle nur Menschen, die zugegebenermaßen jeden Tag an sich arbeiten können, um ein wenig besser zu werden (wobei das unzählige Grundsatzdiskussionen auslösen wurde, hier zu definieren, was „besser“ heißt, und man würde nie einen Konsens erreichen. Das liegt in der Natur der Dinge …). ABER wir sind alle voller Fehler und werden niemals perfekt werden, was auch ehrlich gesagt, gar nicht erstrebenswert wäre.
Was soll daran so kontrovers sein, kein Fleisch zu essen, und auf der anderern Seite sich ein Berauschungsmittel zu gönnen? Fleisch ist erlaubt. Jeder kann selbst für sich entscheiden, ob er es auf seinem Speiseplan hat oder nicht. Ich habe größten Respekt vor jedem, der sich aus Tierschutzgründen dazu entschließt, kein Fleisch zu essen. Ich bin dazu zu schwach, bzw. schmeckt mir das Steak einfach zu gut. Bin ich deshalb ein schlechterer Mensch als ein Vegetarier oder gar Veganer? Ich weiß es nicht und will auch nicht alles aufwiegen, was Veganer A in seinem Leben so alles gemacht hat im Vergleich zu mir. Nein, eine solche Bilanz mag ich nicht ziehen, das steht mir nicht zu und ist mir auch ehrlich gesagt egal.
Wie gesagt, ich habe größte Hochachtung vor jedem, der sagt, „nein, ich esse keinen Schrimpssalat, denn dafür müssen hundert kleine Tierchen sterben, damit ich genüsslich satt werde.“, ABER das heißt doch nicht, dass dieser in dem Bereich so vorbildliche Mensch (die gesundheitlichen Auswirkungen der vegetarischen oder gar veganen Ernährung sollten wir hier nicht auch noch diskutieren, doch wird sie mindestens ebenso kontrovers geführt wie unser Thema hier 😉 ) auch in sämtlichen anderen Bereichen perfekt sein muss. Diesen Zusammenhang sehe ich nicht, denn dahinter kann nur das Streben nach Perfektion stehen und wem steht das zu, darüber zu richten, was genau perfekt ist?
Nein, worum es mir mit meinem Artikel ging, war die Darstellung, dass ich der Auffassung bin, dass das Grundübel in dem Bereich Drogen ist, dass durch eine Prohibition viel mehr kaputt gemacht wird, als sie nutzt. Menschen haben sich schon immer berauscht, seit dem es sie gibt und sie Rauschmittel entdeckt haben. Man kann das nicht wirksam verbieten. Dadurch schafft man nur Leid und Kriminalität – meine Meinung. Wenn besagte Berliner Szenegänger sich statt zu koksen jeder eine Flasche Wodka für fünf Euro in die Birne knallen würden, wäre der Artikel von Herrn Federl wohl kaum geschrieben worden – eben weil für eine Flasche Wodka heutzutage niemand mehr sterben muss (in Chicago 1920 sah das anders aus), wohl aber für ein Gramm Koks und sorry, da sind die Politiker dran schuld (meine feste Überzeugung).
Du fragst nach Beweisen? Damit kann man jede Diskussion killen und jede Veränderung töten, doch meine ich, dass das Beispiel Niederlande und Cannabis bzw. USA und die damalige Prohibition Anzeichen genug geben, dass es auch im Bereich von Kokain funktionieren könnte. Und was die Drogenkartelle zulassen wollen oder nicht, sorry das sollte die Politiker dieser Welt nicht wirklich interessieren, denn ansonsten würden sie vor diesen scheinbar mächtigeren Menschen kapitulieren. Welch ein Armutszeugnis.
Keine Ahnung, ob diese Gedanken eine Annäherung unserer Positionen gebracht hat, es ist auf jeden Fall interessant, darüber zu diskutieren. Eins der größten Probleme der Menschheit ist die Verlogenheit und die Ungleichbehandlung der eigenen Person im Verhältnis zu anderen. Nicht nur in Berlin sondern allenortens wird heutzutage viel gekokst. Hier in Frankfurt sehr verbreitet im mittleren bis höheren Managementbereich, wobei da auch durchaus der ein oder andere Politiker dabei ist. Ich möchte nicht wissen, wie viele von unseren Bundestagsabgeordneten immer wieder mal zu Drogen greifen, die sie bei anderen verdammen und bekämpfen. Schade!
Hast du schon vom Mehlkartell gehört? Den hunderttausenden von Menschen, die darunter leiden, ermordet werden oder beim Mehlschmuggel sterben? Nein? Ich auch nicht und das liegt daran, dass Mehl eine normale Ware mit einem normalen Marktpreis ist und nicht eine künstlich verdammte Ware, für die sich ein Schwarzmarkt entwickelte, den man nie in den Griff bekommen wird. Amen.